Liachtmess 2. Februar

1. Februar 2023 - Von Daniela

Tischgespräche sind bei uns immer laut, bunt, oft politisch und vielfach kulinarischer Natur. Neulich
ging es um Tradition und Moderne. Tradition als Rückkehr in die Vergangenheit? Verkriechen und
Zugeknöptsein dem Neuen gegenüber? Immer mehr bin ich der Meinung, dass dem nicht so ist. Ganz
im Gegenteil: Tradition ist doch etwas für die Ewigkeit.
Nun haben wir das Glück in einem Land zu leben, das Traditionen sehr pflegt. Nicht nur der
Werbewirksamkeit wegen, sondern aus tiefstem Herzen und auch in vielen kleinen, alltäglichen
Bereichen.

Ich hab mir gedacht, ich stell Euch mal eine unserer Traditionen vor.

Liachtmess.
Liachtmess wird am 2.Februar , 40 Tage nach Weihnachten gefeiert. Es ist ein wichtiger Lostag, Beginn des
Bauernjahres und schließt den großen Weihnachtskreis.
Ja, ich weiß schon, dass Weihnachten seit dem 2. Vatikanischen Konzil am Sonntag nach dem 6.
Januar endet, aber in vielen Familien kann die Krippe oder sogar der Christbaum bis 2. Februar
stehen bleiben. Glaubenstechnisch wurzelt Maria Lichtmess oder Darstellung des Herren in einem
jüdischen Brauch. Dem Alten Testament zufolge galt eine Frau bis 40 Tage nach der Geburt als unrein
und musste ein Reinigungsopfer erbringen (geopfert wurden Tauben, Schafe oder Ziegen). Auch
Jesus musste im Tempel „ausgelöst“ werden.

Lichtmess ist aber auch die Feier der Geburt des Lichtes. Auf der einen Seite geht die „Kunstlicht Zeit“
zu Ende. Die Frühmesse findet wieder bei Tageslicht statt und auch das Abendessen kann wieder bei
Tageslicht eingenommen werden.
Auf der anderen Seite gibt es die Kerzenweihe. Kerzen als Symbol für das Feuer und das Licht werden
in die Kirchen getragen. Diese werden dann geweiht und begleiten viele Familie das ganze Jahr über,
zum Teil auch als Schutz vor Unwettern. Auch bei uns wird Lichtmess mit Kerzenweihe,
Lichterprozession und Blasiussegen gefeiert.

Mal abgesehen vom kirchlichen Hintergrund, beginnt mit dem 2. Februar das Bauernjahr.
Viele Feldarbeiten konnten wieder aufgenommen werden. Die Dirnen und Knechte erhielten an
Lichtmess den Jahreslohn und hatten einige Tage frei, bzw. wechselten Ihre Stellen.
Eine meiner liebsten Erinnerungen sind die Erzählungen unserer Oma. Ich erinnere mich noch gut wie
schockiert ich (romantisch veranlagter Teenager damals) war als sie von früher erzählte: „Weißt Du
Dani, der Knecht hat halt gemeint, wenn Du (Bauer) bis Liachtmess (2.2.) nit a Frau aufn Hof hosch,
donn bin i Liachtmess a weg! Und so wurde halt noch Ende Januar geheiratet. So war das früher.“
Wollte hingegen der Bauer seinen Knecht loswerden, so hat er an Lichtmess den Löffel des Knechts
aus der Schublade genommen und ihm zurückgegeben, dieser musste dann den Hof verlassen. Da
stand der ein oder andere schon mal von heute auf morgen und ohne große Ankündigung auf der
Straße. Er steckte sich den Löffeln an den Hut und hatte bis zum 5. Februar Zeit eine neue Arbeit zu
finden. Lichtmess war der erste Schlenggltog.
Die Dienstboten, die bleiben durften bzw. wollten wurde mit den sogenannten Türnägeln (oder wie
sie bei uns heißen: Kniakiachln) symbolisch festgenagelt. Ja, mit den kleinen Köstlichkeiten nagelt
unsere Omi sogar Luisi regelmäßig am Mittagstisch fest. Und weil die Germteilchen so lecker sind,
liefern wir hier unser Familienrezept gleich mit.

Kniakiachlen
Zutaten
Für 6 Personen

Für den Teig
500 g Weizenmehl 00
230 ml Milch
3 Eigelb
25 g Hefe
1 EL Zucker
70 g weiche Butter
Etwas Zitronenabrieb
2 EL Rum
Fett zum Ausbacken

Zubereitung
Die Hefe in der Milch auflösen. Alle weiteren Zutaten zugeben und zu einem geschmeidigen Teig
kneten. In die Schüssel geben und zugedeckt an einem warmen Ort bis zum nächsten Tag ruhen
lassen.
Den Teig aus der Schüssel nehmen und zu einer Rolle formen. Ca. 12 Stücke davon abschneiden und
zu Kugeln formen. Zugedeckt für etwa 1 Stunde nochmal ruhen lassen.
Das Fett in der Pfanne erhitzen. Jede Kugel wird nun von der Mitte her ausgezogen, bis der Teig
innen dünn und außen wulstig ist. Die Kiachl ins Fett geben und mit einer Schöpfkelle mit heißem
Fett übergießen, damit sich der dünne Teig aufbläht.
Kiachl wenden und auch die zweite Seite goldgelb ausbacken. Auf Küchenpapier abtropfen lassen.
Dazu schmecken Apfelmus und Preiselbeermarmelade am besten.

Liachtmess ist aber auch ein wichtiger Lostag für die Bauern (also ein für das Wetter der kommenden
Wochen bedeutsamer Tag). Früher konnte man ja nicht kurz in die App schauen, da musste man das
Wetter genau beobachten und vieles kehrte mit einer gewissen Regelmäßigkeit wieder. Mein
Schwiegervater führte über Jahrzehnte Buch über das Wetter. In Amerika findet am 2. Februar zum
Beispiel der Groundhog Day statt (den kennt Ihr sicherlich aus dem Film „Und täglich grüßt das
Murmeltier“ mit Bill Murray und Andie MacDowell).
Beobachtet doch mal das Wetter am 2. Februar und natürlich auch danach, im Sommer reden wir
dann über Aberglaube oder ähnliches ��

„Isch’s an Liachtmess hell und klor,
rechnet man af koan fruchtbors Johr“
Wenn’s zu Lichtmess stürmt und schneit,
ist der Frühling nimmer weit“

Übrigens, und das habe ich erst während der Recherche herausgefunden. Es gibt sogar die
Lichtmessinsel (Candlemasinsel im Südatlantik ist unbewohnt), die am 2. Februar 1775 entdeckt
wurde. Das nenne ich mal eine innovative Namensgebung.
Ich freu mich jetzt erst mal auf die Liachtmesskost am Wochenende. Da werden die neuen Weine
und Fassproben der Kellerei verkostet, man trifft sich mit den anderen „Lieferanten“ , es wird
geredet, zugehört und gelacht.

In diesem Sinne: ob man Traditionen lebt oder nicht, das ist jedem selbst überlassen. Aber mit
Traditionen wurzelt man tief und Stürme richten weniger Schaden an, wenn man tiefe Wurzeln hat.
Lasst es Euch gut gehen!
Herzliche Grüße aus Tirol

 

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